Gewalt in der Erzie­hung ist ein The­ma, das oft mit kör­per­li­cher Durch­set­zung ver­bun­den wird. Doch die Schä­den, die durch Wor­te ent­ste­hen, sind genau­so real und tief­grei­fend. Der heu­ti­ge Tag der gewaltfrei­en Erzie­hung rückt die­ses wich­ti­ge The­ma ins Ram­pen­licht.

Wäh­rend kör­per­li­che Züch­ti­gung, wie der Gebrauch des Rohr­stocks, in Deutsch­land längst der Ver­gan­gen­heit ange­hört, hal­ten über­ra­schend vie­le Eltern immer noch an der „leich­ten“ Hand an, wie einer Ohr­fei­ge. Trotz kla­rer wis­sen­schaft­li­cher Bele­ge, dass Kör­per­stra­fen im Erzie­hungs­pro­zess nicht nur inef­fek­tiv, son­dern auch schäd­lich sind, ist die Zustim­mung dazu nicht voll­stän­dig ver­schwun­den. Eine Stu­die der Uni­ver­si­täts­kli­nik Ulm → https://www.uniklinik-ulm.de/fileadmin/default/Presse/News/Studie_KJP_DKSB_UNICEF_Gewaltfreie_Erziehung_final.pdf aus dem Jahr 2020 zeigt, dass immer­hin über die Hälf­te der Befrag­ten glaubt, dass ein Klaps auf den Hin­tern „noch nie­man­dem gescha­det“ habe.

Doch es ist nicht nur die phy­si­sche Gewalt, die Nar­ben hin­ter­lässt. Emo­tio­na­ler Miss­brauch, oft sub­til und ver­bal, fin­det täg­lich statt und wird sel­ten als das erkannt, was es wirk­lich ist: Eine Form der Gewalt. Abfäl­li­ge Bemer­kun­gen, demo­ti­vie­ren­des Feed­back und ent­mu­ti­gen­de Wor­te wie „Das schaffst Du eh nicht“ oder „Jetzt stell Dich nicht so an!“ kön­nen ver­hee­ren­de Aus­wir­kun­gen auf die psy­chi­sche Gesund­heit eines Kin­des haben.

For­schun­gen zei­gen, dass emo­tio­na­le Gewalt in der Fami­lie und in Bil­dungs­ein­rich­tun­gen weit ver­brei­tet ist, jedoch bis­lang wenig erforscht wur­de. Eine Stu­die der Sport­hoch­schu­le Köln und der Uni­ver­si­täts­kli­nik Ulm im Jahr 2022 → https://www.dshs-koeln.de/aktuelles/meldungen-pressemitteilungen/detail/meldung/wie-sicher-ist-der-verbands-und-vereinssport/ belegt, dass 63 Pro­zent der befrag­ten Sport­ver­eins­mit­glie­der psy­chi­sche Gewalt erlebt haben.

Die Fol­gen von emo­tio­na­ler Gewalt sind nicht sofort sicht­bar, was sie beson­ders tückisch macht. Kin­der und Jugend­li­che, die sol­che Erfah­run­gen machen, tra­gen oft Depres­sio­nen, Ängs­te und ein erhöh­tes Stress-Emp­fin­den in ihr Erwach­se­nen­le­ben. Es ist daher von äußers­ter Wich­tig­keit, dass alle Erwach­se­nen, sei es als Eltern, Leh­rer oder Trai­ner, sich der Aus­wir­kun­gen ihrer Wor­te bewusst wer­den und aktiv gegen jede Form von Gewalt vor­ge­hen.

Eine gewaltfreie Erzie­hung bedeu­tet nicht, Kin­dern alles zu erlau­ben. Es geht viel­mehr dar­um, kla­re Regeln zu set­zen und Kon­se­quen­zen auf­zu­zei­gen, ohne dabei zu emo­tio­na­ler oder phy­si­scher Gewalt zu grei­fen. Kon­se­quen­zen soll­ten immer dazu die­nen, Ver­ständ­nis und Lern­ef­fek­te zu för­dern, anstatt nur die Emo­tio­nen der Eltern zu regu­lie­ren.

In der Erzie­hung, wie im Leben, sind Respekt und Ver­ständ­nis grund­le­gend. Es geht nicht dar­um, per­fekt zu sein, son­dern dar­um, Feh­ler zu erken­nen und dar­aus zu ler­nen. Eine Ent­schul­di­gung nach einem har­ten Wort kann viel bewir­ken und zeigt Kin­dern, dass auch Erwach­se­ne ihre Hand­lun­gen reflek­tie­ren.

Die Erzie­hung ohne Gewalt ist kein ein­fa­cher Weg, aber es ist der rich­ti­ge Weg, um gesun­de, selbst­be­wuss­te und resi­li­en­te zukünf­ti­ge Gene­ra­tio­nen zu för­dern.