Die Hochschule Merseburg hat eine sachsenweite Dunkelfeldbefragung zur geschlechtsspezifischen Gewalt abgeschlossen. Das Ziel dieser Studie bestand darin, das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen und Männer zu erfassen, die aus verschiedenen Gründen keine Anzeige erstatten. Über 6.000 Personen nahmen an der Umfrage teil, was einen wertvollen Einblick in ein bisher wenig erforschtes Gebiet ermöglichte.
Die Ergebnisse der Dunkelfeldbefragung zeigten, dass geschlechtsspezifische Gewalt ein weit verbreitetes Problem ist, das sowohl Frauen als auch Männer betrifft. Frauen waren häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen, während Männer vermehrt körperliche Gewalt erlebten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, geschlechtsbezogene Gewalt als ein gesellschaftliches Problem anzuerkennen, das alle Geschlechter betrifft.
Die Ergebnisse der Studie liefern wertvolle Informationen für die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen und Hilfsangeboten. Sie verdeutlichen die Dringlichkeit einer gezielten Aufklärung und Sensibilisierung der Gesellschaft, um geschlechtsspezifischer Gewalt entgegenzuwirken. Es ist von großer Bedeutung, das Bewusstsein für die verschiedenen Formen von Gewalt zu schärfen und Opfern einen geschützten Raum zu bieten, in dem sie Unterstützung und Hilfe finden können.
Der Projektleiter der Studie, Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß, betont die Bedeutung eines breiten gesellschaftlichen Engagements, um geschlechtsspezifischer Gewalt entgegenzuwirken. Neben der Sensibilisierung und Aufklärung ist es erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, um Gewalttaten vorzubeugen und betroffene Personen zu unterstützen. Dies umfasst die Verbesserung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten sowie die Zusammenarbeit mit relevanten Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Justiz und Zivilgesellschaft.
Die Hochschule Merseburg hatte sich mit ihrer Forschungsexpertise auf dem Feld der geschlechtsspezifischen Gewalt für die Studie qualifiziert und führte diese durch. Die Ergebnisse dieser ersten allein für den Freistaat Sachsen angefertigten Studie belegen unter anderem:
- Neun von zehn Frauen haben bereits mehrfach Hinterherpfeifen, aufdringliche Blicke, als unangemessen empfundene Sprüche und Ähnliches erlebt.
- Sexualisierte Gewalt in Form von Zwang zu sexuellen Handlungen erlebten 30 Prozent der Studienteilnehmerinnen, den Versuch, sie zu sexuellen Handlungen zu zwingen bereits mehr als die Hälfte. Die Täter waren fast ausschließlich Männer, der Tatort meist das eigene Wohnumfeld.
- 45 Prozent der Befragten erfuhren häusliche Gewalt auf psychischer Ebene und 35 Prozent auf körperlicher Ebene. Strenge Erziehung und ein gewaltvolles Klima stehen in einem engen Zusammenhang.
- Etwa jede dritte Befragte hat partnerschaftlich körperliche und/oder sexuelle Übergriffe erfahren. Wenn Kinder in der Beziehung vorhanden sind, richtet sich in der Hälfte der Fälle Gewalt auch gegen sie.
- 40 Prozent der Studienteilnehmerinnen haben Erfahrung mit Stalking.
- Nur knapp ein Drittel der von Gewalt Betroffenen nimmt professionelle Hilfe in Anspruch. Die Anzeigequote liegt je nach Tat zwischen vier und 13 Prozent.
Die Dunkelfeldbefragung zur geschlechtsspezifischen Gewalt stellt einen Schritt in Richtung eines umfassenden Verständnisses und einer wirksamen Bekämpfung dieses Problems dar. Sie zeigt, dass es notwendig ist, Gewalt gegen Frauen und Männer gleichermaßen anzugehen und eine Kultur des Respekts und der Gleichberechtigung zu fördern. Durch die Bereitstellung von fundierten Daten und Erkenntnissen kann diese Studie dazu beitragen, Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, die zu einer sichereren Gesellschaft für alle beitragen.
Zusammengefasste Ergebnisse der Dunkelfeldstudie: https://www.hs-merseburg.de/fileadmin/Allgemein/Aktuelles/2023/VisSa_Bericht_kurz__1_.pdf