Die Debatte über sexuelle Belästigung fokussiert sich oft auf Ratschläge für Frauen, wie sie sich selbst schützen können. Doch es ist an der Zeit, die Perspektive zu verlagern und die Frage an Männer zu richten: Was können sie tun, um Frauen ein sichereres Umfeld zu bieten?
Laut einer Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erlebt etwa jede dritte Frau in Deutschland physische oder sexualisierte Gewalt in ihrem Leben. Sexuelle Belästigungen, die von Hinterherpfeifen bis zu anzüglichen Bemerkungen reichen, sind noch häufiger. Es ist an der Zeit, nicht nur auf die Betroffenen zu schauen, sondern auch die Rolle der Männer in dieser Thematik zu beleuchten.
Die Sensibilität und Bereitschaft der Männer, sich in die weibliche Perspektive hineinzuversetzen, sind entscheidend. Die Prägung durch Erfahrungen mit Schwestern oder positive Männlichkeitsbilder in Kindergarten und Schule kann dabei eine Schlüsselrolle spielen. Männer sollten ihren eigenen Blick auf Männlichkeit kritisch hinterfragen und sich bewusst machen, wie ihr Verhalten Frauen beeinflussen kann.
Eine wichtige Erkenntnis ist, dass sich das Bewusstsein junger Männer bezüglich sexueller Grenzverletzungen sensibilisiert. Dies ist teilweise auf den zunehmenden gesellschaftlichen Diskurs zu diesem Thema zurückzuführen. Ein offener Umgang mit früher als “männlich” empfundenem Verhalten kann eine positive Veränderung bewirken.
Männer können aktiv dazu beitragen, das bestehende System zu durchbrechen. Dies kann bedeuten, dass kräftige Männer sich ihrer Statur bewusst sind und in der Dunkelheit aus Rücksicht die Straßenseite wechseln, anstatt hinter einer Frau herzugehen. Es erfordert Aufmerksamkeit gegenüber dem Verhalten anderer Männer gegenüber Frauen, besonders in potenziell belästigenden Situationen. Wenn sich jemand in der U‑Bahn oder im Club aufdringlich einer Frau nähert, sollte nicht weggeschaut werden. Stattdessen ist es angebracht zu fragen, ob die Frau Unterstützung oder Hilfe benötigt.
Die Verantwortung für die Sicherheit von Frauen sollte nicht ausschließlich bei den Frauen liegen. Männer haben die Macht, durch bewusstes Verhalten und positive Vorbilder dazu beizutragen, dass Frauen sich sicherer fühlen können. Es ist an der Zeit, dass Männer aktiv an der Bekämpfung von sexueller Belästigung teilnehmen und so zu einer sichereren und respektvolleren Gesellschaft beitragen.
Für Männer, die gewalttätig werden und selbst Hilfe suchen, gibt es bisher nur wenige Anlaufstellen. Eine ist der Verein „Männer contra Gewalt e.V.“, der eine bundesweite Hotline anbietet. Dort haben sich Männer zusammengetan, in deren beruflichem Umfeld Männergewalt immer wieder vorkommt, darunter Ärzte, Psychotherapeuten, Polizisten, Rechtsanwälte und andere Männer, die gegen Männergewalt etwas tun wollen.