Das Buch und die gleich­na­mi­ge Wan­der­aus­stel­lung “Frau-Sein in Ita­li­en: Zwi­schen Wider­sprü­chen von ‘Hure’ und ‘Hei­li­ge’ ” (erschie­nen im Ver­lag Edi­ti­on Rae­tia) sowie die gleich­na­mi­ge Aus­stel­lung neh­men die Wider­sprü­che des ita­lie­ni­schen Frau­en­bil­des unter die Lupe. Sie erzäh­len von einem kon­ser­va­ti­ven Rol­len­ver­ständ­nis und dem Auf­kom­men eines neu­en Femi­nis­mus in einem Land, in dem die Mut­ter als Iko­ne ver­ehrt wird und den­noch alle drei Tage eine Frau – meist durch die Hand ihres Part­ners – getö­tet wird. Inspi­riert von den sie­ben Tod­sün­den und ihren Anti­the­sen, die­nen sie als Aus­gangs­punkt für eine künst­le­risch-doku­men­ta­ri­sche Refle­xi­on. Jour­na­lis­tin Bar­ba­ra Bach­mann und Foto­gra­fin Fran­zis­ka Gil­li wid­men sich in Bild und Text der Fra­ge: Was bedeu­tet es, heut­zu­ta­ge eine Frau in Ita­li­en zu sein?

Sie zei­gen in ver­schie­de­nen Kapi­teln die gan­ze Band­brei­te des Frau­seins in Ita­li­en auf, ange­lehnt an die sie­ben Tod­sün­den und ihre Anti­the­sen. Im Abschnitt “Völ­le­rei & Dis­zi­plin” wird die maß­lo­se Dar­stel­lung von Frau­en im Unter­hal­tungs­fern­se­hen the­ma­ti­siert. “Geiz & Groß­zü­gig­keit” beleuch­tet das Stre­ben nach Geschlech­ter­gleich­stel­lung wäh­rend der Covid-19-Pan­de­mie. “Wol­lust & Lust­lo­sig­keit” wid­met sich dem stil­len Lei­den von Müt­tern bei der Geburt. “Hoch­mut & Zwei­fel” unter­sucht die Stär­ken, Schwä­chen und das Ver­ständ­nis von Weib­lich­keit. “Zorn & Lie­be” beleuch­tet männ­li­che Gewalt und ste­reo­ty­pe Vor­stel­lun­gen weib­li­cher Lie­be in der Wer­bung. “Neid & Lob” prä­sen­tiert die Ansich­ten von elf Män­nern über das Frau­en­bild zwi­schen Ver­eh­rung und Ver­wun­de­rung. Schließ­lich beleuch­tet das Kapi­tel “Träg­heit & Eifer” die femi­nis­ti­sche Bewe­gung “Non una di meno” (Nudm) und ihren Kampf um Ver­än­de­rung.

Der pro­vo­kan­te Titel des Buches ver­deut­licht die Dua­li­tät, mit der Frau­en in „gut“ und „böse“ ein­ge­teilt wer­den. Die­se The­ma­tik wird auf den Trenn­sei­ten der Kapi­tel wei­ter­ge­führt. Dort über­la­gern sich die Sün­den und Tugen­den, löschen sich teil­wei­se aus und blei­ben den­noch les­bar. Das Buch unter­streicht damit den fort­wäh­ren­den Kampf, sich von ste­reo­ty­pen Rol­len­bil­dern zu befrei­en, dem Feminist:innen in Ita­li­en und welt­weit bis heu­te gegen­über­ste­hen.

Die Autorin­nen haben umfang­rei­che Recher­chen durch­ge­führt und fest­ge­stellt, dass in Ita­li­en nach wie vor allem das Fern­se­hen und der Vati­kan das Frau­en­bild prä­gen. Zudem hat die Covid-19-Pan­de­mie die hart erkämpf­te Rol­len- und Las­ten­ver­tei­lung in auf­ge­schlos­se­nen und gleich­be­rech­tig­ten Part­ner­schaf­ten und Fami­li­en oft wie­der zuun­guns­ten der Frau­en ver­scho­ben. Sie sind es, die fast selbst­ver­ständ­lich für die Kin­der­be­treu­ung und das Home­schoo­ling zustän­dig sind. Das Buch ent­hält eine Viel­zahl von Frau­en­por­träts, demons­trie­ren­den Femi­nis­tin­nen, mager­süch­ti­gen Miss-Anwär­te­rin­nen sowie Stim­men von Män­nern über Frau­en, Bei­spie­le aus Wer­be­su­jets und Zita­te von ita­lie­ni­schen Per­sön­lich­kei­ten der letz­ten 100 Jah­re. Es wirft einen Blick auf ein Land, in dem star­re Geschlech­ter­rol­len und Kli­schees noch immer all­ge­gen­wär­tig zu sein schei­nen. Das pro­vo­kan­te Titel­the­ma ver­deut­licht die Dua­li­tät, mit der Frau­en oft in „gut“ und „böse“ kate­go­ri­siert wer­den.

Bar­ba­ra Bach­mann, gebo­ren 1985, ist freie Repor­te­rin und arbei­tet für deutsch­spra­chi­ge Maga­zi­ne und Wochen­zei­tun­gen, dar­un­ter „Repor­ta­gen“, „mare“, das „Süd­deut­sche Maga­zin“ und „Die Zeit“. Für ihre Arbeit wur­de sie mit diver­sen Sti­pen­di­en und Prei­sen aus­ge­zeich­net, u.a. mit dem Axel-Sprin­ger-Preis.

Fran­zis­ka Gil­li, gebo­ren 1987, lebt als freie Foto­gra­fin in Han­no­ver. Sie stu­dier­te Kul­tur­ma­nage­ment sowie Foto­jour­na­lis­mus und Doku­men­tar­fo­to­gra­fie. Ihre Arbei­ten wur­den u.a. in der „Neu­en Zür­cher Zei­tung“, der „Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung“ und der „Süd­deut­schen Zei­tung“ ver­öf­fent­licht. Sie ist Mit­glied in der Agen­tur laif.