Ema Gremel und ihre drei Kinder haben sich aus einer gewalttätigen Beziehung befreit, doch der Weg in die Sicherheit war geprägt von finanziellen Hürden. Jede Kleinigkeit wurde zum Anlass für Gewalt, erzählt Gremel, die schließlich mit ihren Kindern im Frühjahr 2022 ins Frauenhaus flüchtete. Die vermeintliche Sicherheit in dieser Einrichtung wurde jedoch durch hohe Kosten getrübt – 160 Euro pro Tag, etwa 4.800 Euro im Monat, die Gremel selbst aufbringen musste.
Die finanzielle Belastung von Frauenhäusern in Deutschland ist ein weitreichendes Problem. Jede vierte Frau musste 2022 für ihre Notunterkunft voll oder anteilig bezahlen. Das deutsche System zur Finanzierung von Frauenhäusern ist uneinheitlich und hinterlässt viele Betroffene ohne adäquaten Schutz. Frauen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, werden vor die Wahl gestellt: Gewalt ertragen oder für den Schutz zahlen?
Die Geschichte von Ema Gremel verdeutlicht, dass die finanzielle Unsicherheit in Frauenhäusern nicht nur physische, sondern auch psychische Belastungen verursacht. Der Druck, den Aufenthalt selbst zu finanzieren, führt dazu, dass Frauen in dieser bedrohlichen Situation auch noch um ihre Existenz kämpfen müssen. Das Fehlen einer bundeseinheitlichen Regelung belastet nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser, die ständig um finanzielle Unterstützung ringen.
Die aktuelle Lage führt zu zusätzlichen Existenzängsten, da viele Frauen ihre Arbeit aufgeben müssen, um Schutz zu suchen. Beatrice Tappmeier vom autonomen Frauenhaus Bielefeld betont den Anspruch, jede Frau aufzunehmen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation. Dennoch bleibt die Unsicherheit bestehen, da regionale Vereinbarungen jederzeit kippen können.
Die Frauenhauskoordinierung setzt sich seit Jahren für eine einheitliche Finanzierung ein, denn derzeit schieben Bund, Länder und Kommunen die Verantwortung hin und her. Schleswig-Holstein ist das einzige Land, das die Kosten für Frauenhäuser komplett übernimmt. Die Bundesregierung verspricht Verbesserungen, doch bisher bleibt wenig konkretes Handeln erkennbar.
Die Geschichte von Ema Gremel zeigt, dass es dringend notwendig ist, eine bundeseinheitliche Finanzierung für Frauenhäuser zu schaffen. Die finanzielle Bürde darf nicht länger auf den Schultern der Opfer lasten. Frauen sollen sich in der bedrohlichen Situation in Sicherheit bringen können, ohne sich zusätzlich um die Finanzierung sorgen zu müssen. Es ist höchste Zeit für einen entschlossenen Schutz derjenigen, die vor häuslicher Gewalt fliehen und für eine umfassende Daseinsvorsorge in Form von finanziell unterstützten Frauenhäusern.
Den Beitrag von Moritz Müllender ist am 9. Januar 2024 in der taz erschienen: https://taz.de/Frauen-muessen-fuer-Frauenhaeuser-zahlen