Digi­ta­le Gewalt ist eine immer prä­sen­te­re Form häus­li­cher Gewalt, bei der Über­wa­chungs­tech­no­lo­gien zum Ein­satz kom­men, um Kon­trol­le und Macht aus­zu­üben. Ein besorg­nis­er­re­gen­des Bei­spiel hier­für ist die Nut­zung von Blue­tooth-Tra­ckern wie bei­spiels­wei­se App­les Air­tags oder der Air­Tag-Alter­na­ti­ven Smart­Tag oder Tile, die ursprüng­lich dazu gedacht waren, ver­lo­ren­ge­gan­ge­ne Gegen­stän­de wie­der­zu­fin­den. Die­se klei­nen, unauf­fäl­li­gen Gerä­te kön­nen jedoch miss­braucht wer­den, um Per­so­nen ohne deren Wis­sen zu ver­fol­gen.

Die Stär­ke die­ser Tra­cker – ihre prä­zi­se Stand­ort­be­stim­mung in Echt­zeit wird zum Risi­ko, wenn sie für Stal­king-Zwe­cke ein­ge­setzt wird. Einem Bericht des Online­ma­ga­zins Mother­board zufol­ge waren Apple Air­tags in den USA in 150 Poli­zei­be­rich­ten ver­wi­ckelt, wobei in 50 Fäl­len Frau­en die Poli­zei rie­fen, weil sie ver­folgt wur­den. Die­se Zah­len legen nahe, dass die Dun­kel­zif­fer weit höher ist.

Apple hat zwar Schutz­maß­nah­men imple­men­tiert, die jedoch pri­mär iOS-Nut­zer schüt­zen und eine manu­el­le Akti­vie­rung erfor­dern. Android-Nut­zer blie­ben bis vor Kur­zem weit­ge­hend schutz­los, da ihre Gerä­te sie nicht auto­ma­tisch auf die Anwe­sen­heit unbe­kann­ter Air­tags hin­wei­sen.

Hier kommt die App “Air­guard” ins Spiel, ent­wi­ckelt von einer For­schungs­grup­pe der TU Darm­stadt. Die­se App bie­tet einen auto­ma­ti­schen Schutz vor uner­wünsch­ter Ver­fol­gung durch Air­tags und ande­re Blue­tooth-Tra­cker. Air­guard läuft im Hin­ter­grund und infor­miert Nut­zer über unbe­kann­te Tra­cker in ihrer Nähe, ohne dabei die Akku­lauf­zeit signi­fi­kant zu beein­flus­sen. Die App erfor­dert Zugriff auf Blue­tooth und den Stand­ort des Smart­phones, um effek­tiv zu funk­tio­nie­ren. Die Ent­wick­ler ver­si­chern jedoch, dass kei­ne pri­va­ten Daten geteilt wer­den.

Eine rote Info­ta­fel in der App warnt Nut­zer, wenn ein hohes Risi­ko besteht, von einem Tra­cker über­wacht zu wer­den – ähn­lich der War­nung in der Coro­na-Warn-App. Nut­zer kön­nen dann Details zu den erkann­ten Tra­ckern und den Orten, an denen sie erfasst wur­den, ein­se­hen. Fin­det man einen unbe­kann­ten Air­tag, ermög­licht es die App, die­sen mit­tels NFC zu scan­nen und Infor­ma­tio­nen zum Besit­zer sowie zur Deak­ti­vie­rung zu erhal­ten.

Air­guard stellt somit eine essen­zi­el­le Maß­nah­me für Android-Nut­zer dar, um sich gegen digi­ta­le Gewalt durch Stal­king zu schüt­zen. Die Ver­füg­bar­keit der App im → Goog­le Play Store und im → iOS-App-Store als kos­ten­lo­se → Open-Source-Lösung unter­streicht die Bedeu­tung des Daten­schut­zes und der per­sön­li­chen Sicher­heit in unse­rer zuneh­mend ver­netz­ten Welt.

Es bleibt jedoch eine Her­aus­for­de­rung: Die App muss aktiv her­un­ter­ge­la­den und genutzt wer­den, was ein Bewusst­sein für das Risi­ko vor­aus­setzt. In die­sem Sin­ne ist Auf­klä­rung über digi­ta­le Gewalt und die ver­füg­ba­ren Schutz­me­cha­nis­men ent­schei­dend.