Eine neue Stu­die zeigt: Frau­en­feind­li­che Influen­cer errei­chen in Deutsch­land Mil­lio­nen jun­ger Män­ner – mit gefähr­li­chen Fol­gen

“Ech­te Män­ner sind rechts. Dann klappt’s auch mit der Freun­din.” Mit die­sem Tik­Tok-Video erreich­te AfD-Poli­ti­ker Maxi­mi­li­an Krah 1,6 Mil­lio­nen Men­schen. Was wie ein bana­ler Dating-Tipp klingt, ist Teil eines grö­ße­ren Pro­blems: der deutsch­spra­chi­gen “Man­no­sphä­re” – einem Netz­werk frau­en­feind­li­cher Influen­cer, das sys­te­ma­tisch Hass gegen Frau­en ver­brei­tet.

Mani­pu­la­ti­on als Männ­lich­keits­ide­al
Eine ers­te Stu­die der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin und des Insti­tu­te for Stra­te­gic Dia­lo­gue → https://www.isdglobal.org/isd-publications/mapping-the-germanosphere-a-pilot-study/ zeigt das Aus­maß: Von ver­meint­li­chen Dating-Coa­ches bis zu selbst­er­nann­ten “Alpha Males” – die Sze­ne wächst rasant. Ihre Bot­schaf­ten rei­chen von “hoch­wirk­sa­men Mani­pu­la­ti­ons­tech­ni­ken” über Fan­ta­sien männ­li­cher Vor­herr­schaft bis hin zu extre­mem Frau­en­hass.

Beson­ders per­fi­de: Vie­le die­ser Influen­cer tar­nen sich als Lebens­be­ra­ter. Pick­up-Artis­ten prä­sen­tie­ren sich als Dating-Coa­ches, obwohl ihre Tech­ni­ken dar­auf abzie­len, Frau­en zu mani­pu­lie­ren und deren “Nein” zu über­win­den. Dahin­ter ste­hen zutiefst sexis­ti­sche Vor­stel­lun­gen von Geschlech­ter­be­zie­hun­gen.

Von Dating-Tipps zu Gewalt­fan­ta­sien
Die Man­no­sphä­re umfasst ver­schie­de­ne Grup­pie­run­gen: Pick­up-Artist, Mas­ku­li­ni­tät-Coa­ches, Incels (unfrei­wil­lig zöli­ba­t­ä­re Män­ner) und Män­ner­recht­ler. Sie alle eint die Grund­an­nah­me eines ver­meint­li­chen “Nie­der­gangs der Männ­lich­keit” – eine Kri­sen­er­zäh­lung, die Femi­nis­mus und libe­ra­le Gesell­schafts­ord­nun­gen für die angeb­li­che Benach­tei­li­gung von Män­nern ver­ant­wort­lich macht.

Ihr Ide­al­ziel: eine Gesell­schaft, in der Män­ner über allen ande­ren Geschlechts­iden­ti­tä­ten ste­hen. Begrün­det wird das mit kru­den Inter­pre­ta­tio­nen der Evo­lu­ti­ons­ge­schich­te und einem roman­ti­sier­ten Blick auf ver­meint­lich “tra­di­tio­nel­le” Geschlech­ter­rol­len.

Wenn Ideo­lo­gie zu Gewalt wird
Die Fol­gen sind real und töd­lich. Beson­ders die Incel-Sze­ne gilt als hoch­ge­fähr­lich – ihr wer­den diver­se Gewalt­ta­ten zuge­ord­net, auch in Deutsch­land. Die selbst­er­nann­ten “Alpha Males” ori­en­tie­ren sich an Figu­ren wie Andrew Tate, der mehr­fach wegen Ver­ge­wal­ti­gung und Men­schen­han­del ange­klagt wur­de.

Die deutsch­spra­chi­ge Sze­ne über­nimmt dabei nahe­zu unge­fil­tert Nar­ra­ti­ve aus der eng­lisch­spra­chi­gen “Manos­phe­re”. Begrif­fe wie “red pil­led” – eine Anspie­lung auf den Film Matrix – ver­bin­den die Com­mu­ni­ty direkt mit rechts­extre­men Bewe­gun­gen der Alt-Right-Sze­ne.

Algo­rith­men der Radi­ka­li­sie­rung
War­um fin­den sol­che Inhal­te über­haupt Anklang? Die Ant­wort liegt in der geziel­ten Anspra­che männ­li­cher Unsi­cher­hei­ten. Jun­ge Män­ner, die Ableh­nung erfah­ren oder unter psy­chi­schen Pro­ble­men lei­den, wer­den mit schein­bar ein­fa­chen Lösun­gen gelockt. Social-Media-Algo­rith­men ver­stär­ken die­se Dyna­mik – beson­ders auf Tik­Tok ver­brei­ten sich frau­en­feind­li­che Inhal­te rasant.

Die Platt­for­men ver­sa­gen sys­te­ma­tisch beim Schutz vor digi­ta­ler Gewalt. Expert*innen for­dern des­halb eine EU-wei­te Regu­lie­rung, um extre­men Frau­en­hass end­lich ein­zu­däm­men.

Bil­dung als Gegen­gift
Der Kampf gegen die Man­no­sphä­re beginnt in den Klas­sen­zim­mern. Schu­len müs­sen über frau­en­ver­ach­ten­de Nar­ra­ti­ve auf­klä­ren und ver­mit­teln, dass “Nein” akzep­tiert wer­den muss. Pseu­do­wis­sen­schaft­li­che Begrün­dun­gen für Geschlech­ter­hier­ar­chien gehö­ren ent­larvt, kri­ti­sches Den­ken geför­dert.

Beson­ders wich­tig: alter­na­ti­ve Männ­lich­keits­bil­der ent­wi­ckeln, die nicht auf Domi­nanz und Kon­trol­le basie­ren. Denn solan­ge tra­di­tio­nel­le Rol­len­kli­schees unwi­der­spro­chen blei­ben, fin­den extre­mis­ti­sche Nar­ra­ti­ve frucht­ba­ren Boden.

Simu­lar­chat gegen toxi­sche Männ­lich­keit
Die Man­no­sphä­re ist ein Sym­ptom tie­fer lie­gen­der struk­tu­rel­ler Pro­ble­me. Patri­ar­cha­le Struk­tu­ren, die Männ­lich­keit über Domi­nanz defi­nie­ren, schaf­fen erst die Grund­la­ge für sol­che extre­mis­ti­schen Bewe­gun­gen.

Das Kon­zept des Simu­lar­chats bie­tet einen Aus­weg: In einer neu­en Form des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­le­bens, die auf ech­ter Gleich­be­rech­ti­gung basiert, ver­lie­ren toxi­sche Männ­lich­keits­idea­le ihren Nähr­bo­den. Wenn alle Geschlech­ter gleich­be­rech­tigt Macht und Ver­ant­wor­tung tei­len, braucht es kei­ne “Alpha Males” mehr.

Digi­ta­le Gewalt ernst neh­men
Die Stu­die macht deut­lich: Frau­en­hass im Netz ist kein Rand­phä­no­men, son­dern ein gesamt­ge­sell­schaft­li­ches Pro­blem. Mil­lio­nen jun­ger Män­ner kon­su­mie­ren täg­lich Inhal­te, die Frau­en zu Objek­ten degra­die­ren und Gewalt legi­ti­mie­ren.

Als Initia­ti­ve Zukunft Ohne Gewalt for­dern wir: Deutsch­land muss digi­ta­le Gewalt end­lich ernst neh­men. Das bedeu­tet stren­ge­re Regu­lie­rung der Platt­for­men, bes­se­re Bil­dungs­ar­beit und den Mut zu struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen. Denn eine Zukunft ohne Gewalt ist nur mög­lich, wenn wir auch die digi­ta­len Räu­me von Hass befrei­en – online wie off­line.

Die­ser Bei­trag basiert auf der Bericht­erstat­tung von Anja Braun (SWR) und Melina Run­de (tagesschau.de) über die Stu­die der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin und des Insti­tu­te for Stra­te­gic Dia­lo­gue